Kaufhaus baut Brücke zur Integration

Dass ein Kaufhaus viel mehr als Konsum bedeuten kann, davon konnten sich jetzt Dr. Friedrich von Schönfeld, Vorstand Finanzen und Recht beim Deutschen Caritasverband, und der Bundestagsabgeordnete Carl-Philipp Sassenrath (CDU) überzeugen. Gemeinsam besichtigten die beiden Neusser eines der beiden Sozialkaufhäuser der Caritas im Rhein Kreis Neuss. Hermann Josef Thiel, Vorstandsvorsitzender der örtlichen Caritas, und sein Vorstands-Kollege Benjamin Lampa stellten gemeinsam mit Dirk Jünger, Leitung CaritasSozialdienste, die Idee eines Sozialkaufhauses vor: die erfolgreiche Kombination eines Angebots für einkommensschwache Haushalte, die Integration von Langzeitarbeitslosen und die Schonung natürlicher Ressourcen.
In den beiden Caritas-Kaufhäusern in Neuss und Grevenbroich werden gut erhaltene gespendete Möbel, Kleidung und Elektrogeräte wieder in den Verwertungskreislauf geführt. Im vergangenen Jahr haben rund 250.000 Artikel ihren Besitzer gewechselt. Unterhalten werden die Kaufhäuser von aktuell 71 langzeitarbeitslosen Menschen, die hier angeleitet und teilweise sozialpädagogisch begleitet werden. Aus der vergangenen Maßnahme konnten 8 von 13 langzeitarbeitslosen Beschäftigten in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden.„Unsere Kaufhäuser sind in erster Linie eine Brücke zur sozialen und beruflichen Integration“, sagte Hermann Josef Thiel. „Sie führen Menschen in den Arbeitsmarkt, die zum Teil nie oder sehr lange nicht gearbeitet haben. Aus unserer Erfahrung sind sehr viele Menschen motiviert, wieder in Arbeit zu kommen.“
„Auch der ökologische Aspekt spielt für uns eine Rolle. Die Kaufhäuser leisten durch die Wiederverwendung einen Beitrag für den Klimaschutz – nachhaltig, sozial und fair“, ergänzte Benjamin Lampa. „Außerdem sind die Kaufhäuser Treffpunkte, wo Menschen unterschiedlichster Herkunft und aus unterschiedlichen Lebenssituationen miteinander ins Gespräch kommen können“, so Benjamin Lampa. „Doch dieses Erfolgsmodell ist in Gefahr“, betonte Dirk Jünger. Wenn Jobcenter weniger Geld vom Bund erhielten, könnten sie weniger arbeitslose Menschen in Maßnahmen vermitteln.
Dr. Friedrich von Schönfeld: „Erfreulicherweise wurde der Ansatz für Arbeitsmarktmaßnahmen im Bundeshaushalt für 2026, aus dem Projekte wie das Sozialkaufhaus gefördert werden, angehoben.“ Aber es gibt leider noch keine Entwarnung, so der Vorstand Finanzen und Recht beim Deutschen Caritasverband. Die Situation bleibt angespannt: Weil Jobcenter aus ihrem Gesamtetat steigende Verwaltungskosten decken müssten, bleibe oft weniger Geld für die eigentlichen Integrationsmaßnahmen in den Arbeitsmarkt. „Das gefährdet die wichtige sozialarbeiterische Betreuung unserer Einrichtungen, die eine notwendige Brückenfunktion für die Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt haben“, sagte Dr. Friedrich von Schönfeld. Damit die Caritas ihre Türen offenhalten kann, brauche es langfristige Planungssicherheit gerade für solche Maßnahmen – „und natürlich engagierte Mitarbeitende wie hier vor Ort“.
Carl-Phillip Sassenrath zeigte sich beeindruckt von der Arbeit vor Ort: „Arbeitsmarktpolitik muss vor allem eines leisten: Menschen in die Lage versetzen, selbst Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen.“ Einrichtungen wie das Caritas-Kaufhaus zeigten, wie das gelingen kann – durch sinnstiftende Arbeit, soziale Teilhabe und echte Perspektiven. Die arbeitsmarktpolitische Richtung müsse lauten: Vermittlung vor Verwaltung. „Dafür müssen wir den Jobcentern sowie den Trägern wie der Caritas die nötigen Spielräume geben“, so der Bundestagsabgeordnete. Für die vielfältige Verantwortung, die die Caritas und ihr Team im Rhein-Kreis übernehmen, ist Carl-Philipp Sassenrath „sehr dankbar“. Von den Seniorendiensten über die Familie- und Jugendhilfe bis hin zu Integration und Wohnungslosenhilfe: durch Träger wie die Caritas handele die Gesellschaft vor Ort selbst. „Das ist gelebte Subsidiarität und macht unser Land stark.“